Pressemitteilung des LJV bzgl. Naturschutz

Nachruf auf das Naturschutz-Zentrum (NZH) e.V. in Wetzlar

Das Naturschutzzentrum Hessen (NZH) e.V., das zur Fortbildung von im Naturschutz ehrenamtlich engagierten Personen und als Organisation von Fachverbänden und der Arbeitsgemeinschaften im Naturschutz auch für die Durchführung von Projekten zur Natur- und Umweltbildung im Jahr 1976 gegründet wurde, muss zum Jahresende mit der staatlichen Naturschutz-Akademie Hessen (NAH), die vom Fachministerium in Wiesbaden aufgelöst wird, die Türen am Standort Wetzlar für immer schließen.

Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) hatte im kleinen Kreis und ohne Einbindung der Mitgliedsverbände, wie auch dem LJV Hessen, beschlossen, seine NAH aufzugeben und damit auch die Förderung des Trägervereins Naturschutz-Zentrum Hessen e. V.  (NZH), der gerade in diesem Jahr sein 45-jähriges Jubiläum begeht, einstellt und diesen damit zwingt, seine ehrenamtliche Arbeit zum 31. Dezember 2021 einzustellen. Damit wird ein hervorragend geeigneter Standort in der Mitte von Hessen, der in einer Liegenschaft von HessenForst betrieben wird und zusätzlich über einen großen Lehrgarten für Obst- und Wildpflanzen verfügt, nach Gutsherrenart aus dem Hinterzimmer liquidiert. Mit dieser Maßnahme wird auch der angeschlossene Förderverein des NZH zwangsliquidiert, der in vielfältiger Weise in der Vergangenheit Projekte der Mitgliedsverbände gefördert hat. Eine gut funktionierende und weit über die Grenzen von Hessen hinaus anerkannte Schnittstelle zwischen staatlichem und ehrenamtlichem Naturschutz gehört damit der Vergangenheit an.

Rückschlag für das Ehrenamt und die Mitarbeiter des NZH

Die Aufgaben sollen nun in das geplante „Hessische Zentrum für Artenvielfalt“ einfließen. „Nicht nur für die Mitarbeiter des Naturschutzzentrums ein derber Rückschlag, sondern wieder einmal wird das Ehrenamt mit Füßen getreten“, so der zuständige LJV-Vizepräsident Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann. Mit Einstellung der für das NZH existenziell notwendigen institutionellen Förderung sah sich das NZH gezwungen, alle Mitarbeiterverträge aufgrund bestehender Fristen zum Jahresende zu kündigen, um die ansonsten zwangsläufig ab dem 1. Januar 2022 drohende Insolvenz abzuwenden. Soweit dem LJV bekannt, ist die lediglich mündlich zugesagte Übernahme der so freigesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NZH bis heute noch nicht erfolgt.

Motivation und Verbändebeteiligung bleibt unklar

Bis heute bleibt unklar, welche Motivation hinter der Einstellung der Förderung und damit der Zwangsschließung steckt und auch, welche Verbände und in welcher Art und Weise diese künftig in die Arbeit des „Hessischen Zentrums für Artenvielfalt“ eingebunden werden sollen.

„Man kann momentan nur mutmaßen, dass einzelne Naturschutzverbände wie die HGON, in denen Umwelt-Staatssekretär Oliver Conz lange Jahre als Vorsitzender agiert hat, sowie der BUND und der NABU in die Arbeit des neuen Artenschutzzentrums eingebunden sein werden. Ob z. B. die Naturlandstiftung, der Hessische Bauernverband mit seinen Untergliederungen und der Landwirte vor Ort sowie der LJV Hessen, selbst langjähriges Mitglied im NZH e.V. und auch im Vorstand vertreten, integriert werden und wie die ehrenamtliche Fortbildungsarbeit weitergeführt werden kann, bleibt fraglich. Ebenso bleibt dahingestellt, ob der Runde Tisch „Naturschutz“ im Ministerium diese Lücke schließen kann“, so Bretschneider-Herrmann abschließend.

Staatliche Vogelschutzwarte ist ebenso betroffen

Ebenso betroffen von den Änderungen ist die Staatliche Vogelschutzwarte in Frankfurt. Wie die ehemalige Leiterin Dagmar Stiefel mitteilte, durfte sie die Geschicke der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland für sieben Jahre und sieben Monate leiten. Nach einem „sehr harten Umbruch“ erlebte sie durch die überstürzte Aufgabe des Standortes Frankfurt sowie die Abordnung fast aller Mitarbeiter und dem Umzug nach Gießen und dem damit einhergehenden Verlust der Selbständigkeit durch die Eingliederung in das HLNUG eine sehr anstrengende Phase. Sie dankte den Naturschutzverwaltungen der beteiligten Bundesländer, der Stadt Frankfurt und allen ehrenamtlichen Naturschützern, insbesondere aber den Kreis- und Ortsbeauftragten für Vogelschutz und wünschte diesen viel Ausdauer und Kraft für Ihr weiteres Wirken im Naturschutz. Dagmar Stiefel wechselte nun nach fast drei Jahrzehnten im hauptamtlichen Naturschutz zum 1. Juni in die Tierärztliche Kontrollstelle (TGSH) des Landesbetriebs Hessisches Landeslabor am Frankfurter Flughafen.

Der LJV Hessen dankt dem geschäftsführenden Vorstand des NZH, allen voran dem langjährigen Vorsitzenden, Herrn Wolfram Dette, der Geschäftsführung, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Naturschutz-Zentrums Hessen e.V. sowie der Vogelschutzwarte sowie dem Förderverein des NZH für die langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit und wünscht diesen für ihren beruflichen und persönlichen Lebensweg alles erdenklich Gute.

Nachfrage beim HMUKLV:

Der LJV Hessen hat bei der Pressestelle des HMUKLV nachgefragt und am 28.07.2021 folgende Antwort erhalten:

LJV Hessen: Wird das Hessische Zentrum für Artenvielfalt wie geplant am 1. Januar 2022 seine Arbeit aufnehmen können und gibt es weitere Informationen zum aktuellen Stand?

HMUKLV: Das Zentrum für Artenvielfalt wird vorbehaltlich des Beschlusses des Hessischen Landtages zum Haushalt 2022 zum 1. Januar 2022 im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie seine Arbeit aufnehmen.

Im Zentrum für Artenvielfalt, werden

  • die bestehende Abteilung Naturschutz des HLNUG
  • das bereits eröffnete Wolfszentrum Hessen
  • die Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, deren Umzug bereits erfolgt ist
  • Zuständigkeit für den neu gegründeten Forschungsverbund Biodiversitätsforschung (Lore-Steubing-Institut)
  • die Naturschutzakademie des Landes (und Naturschutzzentrum)
  • die neu einzurichtende Wildbiologische Forschungsstelle des Landes
  • Zuständigkeiten im Bereich NATUREG

zusammengeschlossen.

Durch diesen Zusammenschluss wird durch die Bündelung der bisher zersplitterten Fachkompetenzen und die Verbesserung des Wissenstransfers eine Stärkung des Naturschutzes in Hessen erreicht. 

LJV Hessen: Wie sollen Verbände, wie z. B. der Landesjagdverband Hessen, eingebunden werden?

HMUKLV: Anerkannte Naturschutzverbände, wie z.B. auch der Landesjagdverband Hessen tragen mit ihrer wichtigen Expertise bereits heute zur Arbeit der künftig im Zentrum für Artenvielfalt gebündelten Stellen bei. Wie diese Einbindung und weitergehende Beteiligung organisiert wird, befindet sich derzeit noch in Abstimmung.

Herzliche Grüße

Markus Stifter
Pressesprecher

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